Unser Ehrengast: Jimmy Hartwig – Drei Fragen, drei Antworten

Ehrengast: Jimmy Hartwig

Ehrengast: Jimmy Hartwig

Der deutsche Fußball ist mit seiner Nachwuchsarbeit vorbildlich. Gilt das auch für die Integration? 

Dazu sage ich klar ja. Es gibt keinen besseren Integrationsmotor, als die weltweit beliebteste Teamsportart. Fußball bringt die Menschen zusammen. Unterschiedliche Menschen, alle Hautfarben, alle Milieus, alle Schichten. Das ist die Kraft des Fußballs. Und das ist die Chance, die sich bietet. Auf den Fußballplätzen kommen die Menschen zusammen. So unterschiedlich sie eben sind. Hier können wir die Menschen erreichen, egal welchen Glauben und Hautfarbe sie haben. Alle kommunizieren in derselben Sprache: In der Sprache des Fußballs. Die Verbände, also die Landesverbände und der DFB, können die Vereine unterstützen, sei es durch Informationen wie in den beiden DFB-Broschüren zum Thema „Fußball mit Flüchtlingen“ oder auch durch die Anerkennungsprämie von 500 Euro, mit der die DFB-Stiftung Egidius Braun engagierte Vereine unterstützt.

 

Integration im besten Sinne des Wortes. Nehmen Sie heute noch ähnliche Anfeindungen auf und außerhalb des Platzes wahr wie zu Ihrer Zeit oder sind es neue Herausforderungen? Ich erinnere an die Beschimpfungen…

Na Gott sei Dank, heute erlebe ich keine direkten Angriffe mehr auf meine Person. Es fliegen keine Bananen mehr und ich muss auch kein Fußballspiel mehr aus dem Übertragungswagen verfolgen, weil mir vorher gewisse Gruppierungen schlimme Ansagen gemacht haben. Die Zeiten sind vorbei. Das heißt ja aber nicht, dass aus allen Köpfen die Fremdenfeindlichkeit verschwunden ist, wie wir in der heutigen Zeit feststellen müssen, und das empfinde ich als beunruhigend. Ich werde sicher mein Leben lang vorsichtig auf unbekannte Gruppen oder in unvorbereitete Situationen zugehen, weil dies tief in mir verankert ist. Wenn sich heute jemand umdreht oder ähnliches, wenn er mich sieht, bin ich reflexartig sofort wachsam, auch wenn es nur ein Zufall war oder jemandem nur meine Krawatte nicht gefallen hat.

In meiner Rolle kann ich nur unermüdlich dazu motivieren, die Integration selbst in die Hand zu nehmen. Wozu denn Barrieren aufbauen? Die Energie, die man so vergeudet, sollte man besser in ein positives Engagement umsetzen, als immer wieder darüber zu jammern, zu schimpfen, oder Schlimmeres. Damit verbessert man doch rein gar nichts, im Gegenteil.

 

Was ist Ihr größter Wunsch als Integrationsbotschafter?

Ich wünsche mir, dass „wir“, unseren neuen Mitbürgern respektvoll begegnen. Und ich wünsche mir, dass diejenigen, die neu hinzukommen, genauso respektvoll der Aufnahmegesellschaft gegenüber treten. Hier sind wir alle gefordert, auch nach dem Spiel mehr zu machen. Und am allerliebsten würde ich gerne die Begriffe Flüchtlinge und Migranten aus unserem Sprachgebrauch verschwinden lassen, da sie nach meiner Wahrnehmung inzwischen nicht nur einen Status beschreiben, sondern vor allem automatisch ausgrenzen und Vorurteile erzeugen. Wenn es am Ende keine Rolle mehr spielt, welche Herkunft, welche Religion oder welches Geschlecht der Trainer beim Verein um die Ecke oder das Präsidiumsmitglied im großen Verband hat, dann wäre ich zufrieden. Denn dann könnten wir endlich mal die Potentiale in unserer Gesellschaft optimal nutzen. Und unser Fußball würde noch besser werden.

Auf einen Blick:
Jimmy Hartwig, einer der besten Mittelfeldspieler Europas der 1980er Jahre, gewann schon in den 1970er Jahren die Herzen der Fußballfans, als er zum Beispiel den TSV 1860 München in die Bundesliga schoss oder mit dem Hamburger SV dreimal Deutscher Meister und 1983 Champions-League-Sieger wurde.

Heute ist Jimmy Schauspieler und Gesundheitsbotschafter der AOK Nordost. Außerdem unterstützt er das diplomatische Korps des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in den Themen Integration, Respekt und Vielfalt. Darüber hinaus engagiert er sich als Mitglied des Stiftungsrats der BFV-Sozialstiftung und als Mitglied der DFB-Kommission „Gesellschaftliche Verantwortung“.

Jimmy ist Vater von drei Kindern und lebt mit seiner Familie in der Nähe von München.